Durchsetzbarkeit des Beschäftigungsanspruchs im vorläufigen Rechtsschutz, § 940 ZPO
ArbG Freiburg, Urt. v. 12. 1. 2012 − 3 Ga 1/12, NZA-RR 2012, 212
1.
Bei der Beurteilung des Verfügungsgrundes im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahren (Leistungs- bzw. Befriedigungsverfügung), gerichtet auf die vorläufige Durchsetzung eines Beschäftigungsanspruchs, kann der Verfügungsgrund nicht mit dem Justizgewährungsanspruch als solchem begründet werden. Der Justizgewährungsanspruch ist für beide Seiten derselbe und hat genau denselben Stellenwert. Erst schwerwiegende besondere Umstände des konkreten Einzelfalls, aus denen sich ein eindeutig überwiegendes Interesse der einen Seite an einer ihr positiven Entscheidung ergibt, können es rechtfertigen, eine Leistungsverfügung zu erlassen (vgl. dazu LAG München, Urt. v. 14. 9. 2005 – 9 Sa 981/05, BeckRS 2009, 68055).
2.
Im Rahmen der auf der Ebene des Verfügungsgrundes durchzuführenden Interessenabwägung hat eine Einzelfallprüfung stattzufinden. Bei einer schwierigen und ungeklärten Rechtslage sind die Anforderungen an den Verfügungsgrund erhöht, wogegen bei einer eindeutigen Rechtslage für den Verfügungskläger auf erhöhte Anforderungen an den Verfügungsgrund verzichtet werden kann. Die Anforderungen an den Verfügungsgrund sind umso geringer, desto schwerer und offensichtlicher die drohende und bestehende Rechtsverletzung ist (vgl. LAG Hamm, Urt. v. 6. 11. 2007 – 14 SaGa 39/07, BeckRS 2008, 50915).
3.
Auch dann, wenn Vieles für das Vorliegen eines Verfügungsanspruchs spricht, insbesondere der Entzug der Leitung einer Abteilung und auch die damit einhergehende Personalverantwortung sowie der Wegfall entsprechender Entscheidungsbefugnisse bei gleichzeitiger Zuweisung von geringwertigeren Tätigkeiten, die Verwalter und Sachbearbeiter wahrnehmen, ist es einem Verfügungskläger im Grundsatz zuzumuten, solchermaßen geschaffene Fakten vorläufig hinzunehmen und das Ergebnis eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
4.
Verhandelt ein Arbeitnehmer nach Anordnung und Umsetzung einer Versetzungsmaßnahme mit dem Arbeitgeber über eine alternative Beschäftigung oder über eine sozialverträgliche Beendigung seines Arbeitsverhältnisses und macht er im Rahmen dieser Verhandlungen eine Freistellung geltend, widerlegt er sich damit hinsichtlich der Dringlichkeit der Durchsetzung seines Beschäftigungsanspruchs.